CHINESE LESSON
Essay by Victor H. Mair (an abbreviated version)
危 机
wēijī (CRISIS)
John F. Kennedy used to say: “When written in Chinese, the word CRISIS is composed of two characters, one represents DANGER and the other represents OPPORTUNITY.”
Half a century after his tragic death, it is proven that this is an American linguistic blunder. The explanation is in the essay by Victor H. Mair, Professor of Chinese Language. Follows the abbreviated version:
“The explication of the Chinese word for crisis as made up of two components signifying danger and opportunity is due partly to wishful thinking, but mainly to a fundamental misunderstanding about how terms are formed in Mandarin. The misconception is that the chinese meaning for crisis is identical with the single graph for crisis.”
Like most Mandarin words, that for “crisis” (wēijī) consists of two syllables that are written with two separate characters, wēi (危) + jī (機/机). The fatal, misapprehension is the definition of „jī“ as “opportunity”.
While it is true that wēijī does indeed mean “crisis” and that the wēi syllable does convey the notion of “danger,” the jī syllable most definitely does not signify “opportunity.” The jī of wēijī, in fact, means something like “incipient moment; crucial point (when something begins or changes).” Thus, a wēijī is indeed a genuine crisis, a dangerous moment, a time when things start to go awry. A wēijī indicates a perilous situation when one should be especially wary. It is not a juncture when one goes looking for advantages and benefits.
For those who have staked their hopes and careers on the CRISIS = DANGER + OPPORTUNITY formula this is the wrong path of thinking. Jī is not signifying “opportunity“,” but by itself indicates “quick-witted(ness)“. It is absolutely crucial to observe that jī possesses these secondary meanings only in the multisyllabic terms into which it enters. To be specific in the matter under investigation, jī added to huì (“occasion”) creates the Mandarin word for “chance” (jīhuì), but by itself jī does not mean “opportunity”.
Just as the syllable/morpheme’s cri– and -sis that go together to make up the English word “crisis” cannot exist independently in an English sentence, so too wēi and jī cannot exist by themselves in a Mandarin sentence.“
It might be helpful to provide a parallel case from English.
„Welcome“ consists out of two syllables: „Well“ is the adverb to good and „come“ means „to arrive“ and also an invitation or demand, it can be used as an imperativ form of the verbum. So these meanings are completely different. But as a composit noun it means something different: It is a friendly greeting and a statement: You are wel(l)come.
Eine Lektion Chinesisch
Ein Aufsatz von Victor H. Mair, verkürzte Form
Übersetzung von Dietrich Weller
危机
Weiji (Krise)
John F. Kennedy pflegte zu sagen: „Chinesisch geschrieben wird das Wort Krise zusammengesetzt aus zwei Buchstaben, der eine steht für Gefahr, der andere für Gelegenheit.“
Ein halbes Jahrhundert nach seinem tragischen Tod ist es bewiesen, dass diese Aussage ein amerikanischer sprachwissenschaftlicher Fehler ist. Die Erklärung steht in dem Aufsatz von Victor H. Mair, Professor für Chinesische Sprache. Es folgt eine abgekürzte Version.
Die Erklärung des chinesischen Wortes für Krise als Zusammensetzung aus zwei Komponenten, die Gefahr und Gelegenheit darstellen, ist teilweise auf Wunschdenken zurückzuführen, aber hauptsächlich auf ein grundlegendes Missverständnis über zwei Begriffe, die in Mandarin gebildet werden.
Die falsche Auffassung besteht darin, dass die chinesische Bedeutung als einzelnes Schriftzeichen für Krise sich auf das chinesische Silben-Schriftzeichen ji für Krise bezieht.
Wie viele Mandarin-Wörter besteht das Wort für Krise (weiji) aus zwei Silben, die mit zwei getrennten Zeichen geschrieben werden: wēi (危) und jī (機/机). Die falsche Auffassung besteht in der Definition, dass ji Gelegenheit bedeutet.
Während es stimmt, dass weiji tatsächlich Krise bedeutet und die weiji-Silbe die Bedeutung von Gefahr vermittelt, steht die ji-Silbe ganz sicher nicht für Gelegenheit. Das ji von weiji bedeutet tatsächlich so etwas wie “beginnender Moment, entscheidender Punkt, wenn sich etwas zu verändern beginnt”.
Deshalb bedeutet weiji tatsächlich eine echte Krise, einen gefährlichen Moment, einen Zeitpunkt, in dem die Dinge schieflaufen. Weiji bedeutet eine gefährlichen Lage, in der man besonders umsichtig sein sollte. Es ist kein Augenblick, in dem man nach Vorzügen oder Vorteilen sucht.
Für diejenigen, die ihre Hoffnung und Karriere an die Krise=Gefahr + Gelegenheit-Formel geknüpft haben, ist es der falsche Gedankenweg.
Ji bedeutet nicht Gelegenheit, aber allein gestellt steht es für Schlagfertigkeit und Geistesgegenwart. Es absolut entscheidend zu beachten, dass ji diese zweitrangige Bedeutung nur in mehrsilbigen Begriffen hat, in die es eingebunden ist.
Um gerade diesen erforschten Begriff genau zu betrachten: Ji, mit hui (Gelegenheit) verbunden, bildet das Mandarin-Wort für Chance (jihui), aber alleine bedeutet ji nicht Gelegenheit.
Genau wie die Silben cri- und –sis zusammen das englische Wort crisis bilden, können sie unabhängig voneinander nicht in einem englischen Satz stehen. Ebenso können weiji und ji nicht für sich allein in einem Mandarin-Satz stehen.
Vielleicht ist es hilfreich, ein paralleles Beispiel aus dem Englischen anzuführen.
Welcome besteht aus zwei Silben: Well ist das Adverb zu gut, außerdem bedeutet es Brunnen, und come bedeutet kommen, ankommen und ist eine Einladung oder Aufforderung. Es kann als Befehlsform des Verbs genutzt werden. Also sind die Bedeutungen der beiden Wörter völlig verschieden. Aber als zusammengesetztes Hauptwort bedeutet es etwas ganz anderes. Es ist eine freundliche Begrüßung und eine Feststellung: Du bist gut / an einer guten Stelle angekommen. Du bist willkommen.
Ähnlich bedeutet weder wei noch ji weder Krise noch Gefahr + Gelegenheit, aber zusammen bedeutet weiji Krise.
Ich wurde 1945 in eine Ärztefamilie geboren. Staatsexamen und Promotion in Bern. Seit 1984 führe ich eine allgemeinärztliche Praxis in Zürich, und seit einigen Jahren gönne ich mir mehr Freizeit und schreibe die Geschichten, die in der Schweizerischen ÄrzteZeitung veröffentlicht worden. Seit Jahrzehnten befasse ich mich mit der chinesischen Kultur und Philosophie. China in meiner Phantasie ist nur ein Rahmen, den ich benütze, um meine „Chinoiserien“ darzustellen. Da ich die Schulen in England besucht habe und das Englische im Zeitalter der Globalisierung und Internets als Universalsprache erachte, schreibe ich in Englisch. Als Schweizer und Mitglied der ASEM (Vereinigung der Schweizer Schriftstellerärzte) und seit Anfang 2019 auch als Mitglied des BDSÄ tauche ich ein in die deutsche Homepage im Zeichen der freundschaftlichen Beziehung der ASEM und des BDSÄ und desto mehr der UMEM (in der englischer Sprache, die letztlich zur Beachtung in dem Weltverband der schriftstellernden Ärzte kommt)