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Erotik (Eberhard Grundmann)

Diese Texte wurden beim BDSÄ-Kongress in Bremen 2015 in der Lesung  über Erotik (Moderation Horst Ganz) vorgetragen

Wölländischer Spruch 3.1

Jeder will etwas anderes:
Der Mann die Frau.
Die Frau das Kind.
Das Kind das Leben.                                                  

XY

Anfangs war das Leben prall und rund,
rund und prall und drall und ganz gesund,
bis es eines Abends sich besann:
„Scheinbar komme ich nicht recht voran.

Ich will mich morgen dividieren
und besser so getrennt marschieren,
um endlich dann nach ein paar Tagen
mit mehr Fortüne zuzuschlagen.“

Es tat sich nun, um Streit zu meiden,
zwei Lose aus den Rippen schneiden:
Das X, das bleibt daheim beim Feuer,
und Ypsilon sucht Abenteuer.

Hin und wieder aber müssen
sie sich wiederseh’n und küssen.
Folgerecht im Lauf der Jahre
steigt die Zahl der Exemplare.

Teilung hat jedoch auch ihren Preis,
mancher Rosenkrieg ist der Beweis.
So gesehen lebt sich’s auch zu zweit
zwischen Einigkeit und Widerstreit.

(15.03.2008)                                                            

Wölländischer Spruch 3.9.

Jeder ist so stark wie sein schwächstes Glied.            

Adam

Ach, wie hatte es doch Adam leicht!
Nur ein einzig Weib stand ihm zur Wahl,
und das hat ihm völlig ausgereicht.
Heut’ dagegen wird die Wahl zur Qual.

Ja, die Auswahl ist fürwahr erdrückend,
dicke gibt es, dünne, kleine, grosse,
alle sind sie irgendwie entzückend –
wem jedoch gebührt am End die Rose?

Gar kein Wunder, dass die Männer schwanken,
und wenn sie der einen sich verbunden,
nach der andern suchen in Gedanken:
Jäger können nur durch Jagd gesunden.

Weh, doch wehe, wenn der Frauen eine
von dem Wahlrecht selber macht Gebrauch:
au, die Herren werfen sofort Steine
ganz wie manche von den Damen auch.

(10.08.2001)                                                            

Wölländischer Spruch 3.10.1

Nicht jede Bluse verspricht, was sie hält.                          

Wer kennt Ernst?

Frauen
kennen ihn.
Nur Frauen.
Sie haben ihn
sich nicht
ausgesucht.
Er kommt über sie.
Der Ernst
des Lebens.
Männer
spielen.

(08.03.2003 Wippra)                                                

Wölländischer Spruch 3.10.2

Nicht jede Bluse hält, was sie verspricht.                          

Überbau und Unterbau

Dein Geist soll bis zu hohen Jahren
sein Licht und seine Kraft bewahren,
wie andrerseits dein Unterleib
auch immer froh und munter bleib!

(21.12.2007)                                                            

Wölländischer Spruch 3.76.

Ich bin immer wieder erstaunt, wie hübsch die Evolution Eizellen verpacken kann – und manchmal auch Spermien. (14.12.2014)                                                                                     

Biochemie

Zwar gibt es Lieb auch ohne
das Zutun der Hormone
– zum Beispiel die platone –
doch die Natur-Matrone
verlässt sich nicht die Bohne
auf diese Art Ikone.
Bei ihrem Drang zum Sohne,
zur Tochter gleicher Weise,
benutzt sie still und leise
Chemie zur sichren Reise,
fährt gut auf diesem Gleise –
fahr mit, dann bist du weise.

(17.02.2007)                                                            

Wölländischer Spruch 3.51.

Nicht alles
hängt am Phalles.
Doch steht und fällt
mit ihm die Welt.

(03.02.2007)                                                                                            

Dem Trieb

Dem Trieb
geht’s einzig um’s Prinzip.
Wisse drum, mein Sohn,
er acht‘ nicht der Person.
Bei Bedarf ist er zur Stell
und also universell.
Drum widme ihm dein Denken,
um manierlich ihn zu lenken.

(16.03.2008)                                                            

Wölländischer Spruch 3.58.

Männer können Frauen nicht verstehen. Aber begreifen. (27.5.2007)                    

Im Nacktbad

Den Säugling in Manne begrüsste
die Vielzahl verschiedener Brüste.
Ich bekenne ganz ohne Geziere:
Männer sind Säugegetiere.

(2009)                                                                      

Wölländischer Spruch 3.66.

Den Hafen der Liebe findet man selten durch Liebe im Hafen. (01.02.2011)          

Verführung

Einst vor vierzig Jahren,
als wir jung und lustig waren,
in jener milden Sommernacht,
haben heimlich wir gedacht,
was vielleicht jetzt noch passiert,
wenn eins das andere verführt.

Nach einer Runde um das All
stellt sich heut ein andrer Fall.
Im Stillen denkt die Frau, der Mann,
was sie, was er nun nicht mehr kann,
doch dass sie richtig einst wie jetzt
die Tat durch die Option ersetzt.

(04.10.2009)                                                            

Wölländischer Spruch 3.21.

Wo kämen all die schönen Homos her,
wenn jeder Mensch ein Homo wär. (20.05.1998)         

Fernkuss

Eben noch auf deinem Mund,
flog sie, und das, weil sie muss,
flog die Fliege hierher und
brachte zu mir deinen Kuss.

(02.07.2010)                                                            

Wölländischer Spruch 3.54.

Gehn die Dinge gar zu glatt,
hat man sie recht bald schon satt.
Es gilt ohne Übertreibung:
Selbst Liebe braucht die Reibung. (17.02.2007)            7

Antrag

Er halte, sagte er,
um ihre Hand an.
Dabei hatte er diese
am wenigsten im Sinn.

(08.08.2011)                                                            

Wölländischer Spruch 3.42.

Verachte nicht die Früchte des Unterleibes. Du bist selber eine. (07.02.2007)        

Wölländischer Spruch 3.40.                                     Zugabe

Männer und Frauen werden zu Männern und Frauen erst durch Frauen und Männer. (10.06.2002)

Published inGedichte

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