Hoffnung
Ich bin die Mutter, die das Kind gebiert
und das Kind, das geboren wird.
Ich bin der Stern, der leuchtet
und die Drei Könige, die ihm folgen,
und ich bin der vierte König,
der Mensch, der alles dieses ist.
Einst
Einst
führte uns der Stern
und unsere Füsse fanden
den Weg
Heute
innehaltend auf gewohntem Weg
suchen unsere Augen
den Stern
Vielleicht
wird er nur
im Dunkel sichtbar?
Als den Drei Königen der Engel im Traum erschien
Ihr schlieft
wie auch wir schlafen
des Nachts
nach dem Pflichten des Tages
Ihr schlieft
und hörtet nicht
den Ruf des Engels
Dann hüllte er sich
in das Gewand eures Traumes
und ihr erwachtet
als er eure Hand berührte
Ihr habt den Traum nicht vergessen
und seid aufgebrochen
auf anderen Wegen
Warum vergessen wir
unsere Träume
und spüren nicht
wenn der Engel unsere Hand berührt?
Wir alle
Wir alle,
jeder von uns,
auch du,
könnte ein König sein,
ein König Herodes,
der Kinder tötet,
um zu bleiben,
was er ist:
Der König.
Erstarrt vor Schrecken
schließt du die Augen,
willst dich selbst
nicht mehr erkennen.
Willst dich nicht lieben,
nicht hassen
und doch
bleibst du der König,
der Kinder tötet,
dann, wenn du nicht bleiben kannst,
wer du bist.
Schweige,
damit dein Mund
nicht den König verurteilt,
den König,
der Kinder tötet,
den König,
der du selber bist.
Der Schatten der Drei Könige
Wo blieb Euer Schatten,
als Ihr Euch beim Kinde verneigtet,
Eure Geschenke der Mutter zu Füßen legtet?
In was hat er sich gewandelt,
am Boden liegend,
vom Kinde fliehend,
zum Weg werdend
IHM,
zum Dunkel der Menschen.
Er folgte Euch nicht,
als Ihr wieder gingt,
er blieb bei Mutter und Kind
und sang leise
das Lied vom Verzeihen.
Wenn Gabriel zu mir käme
Wenn Gabriel zu mir käme
des Nachts im Traum
oder am Morgen
kurz nach dem Erwachen
zu mir ins Zimmer träte
und das Wunder verkündigen würde
das geschehen soll
durch mich
ob ich
– wenn ich ihn sehen
und hören könnte –
ihm glauben würde?
Was wäre geschehen
mit uns Menschen
wenn Maria nicht
ihre Furcht überwindend
gesagt hätte:
„Ich bin des Herrn Dienerin,
dein Wort möge sich an mir erfüllen.“
<h5>Dr. phil. Helga Thomas. Geboren
am 31. Januar 1943 in Berlin.
Ausbildung und Arbeit als Analytikerin, Psychotherapeutin.
1976 Diplom am C. G. Jung-Institut. Für meinen Beruf war
die Erkenntnissuche wichtig. Mit 15 entdeckte ich nach der
Flucht aus Ostberlin das Briefe- und Tagebuch-Schreiben,
und mit 18 Jahren kam der Durchbruch zur Lyrik, meiner
eigentlichen Domäne. Vor meiner Ausbildung am Jung-Institut hatte ich Slavistik
und Germanistik studiert, und zu diesem Zweck hatte
ich noch zur Zeit des eisernen Vorhangs ein Jahr in Sofia
studiert, um Material für meine Doktorarbeit zu sammeln.
Seit 2003 bin ich mindestens zweimal im Jahr für längere
Zeit in Sofia, um dort Analysen und Supervisionen,
Seminare und Vorträge durchzuführen. Es ist „stimmig“,
dass in Bulgarien ein Teil meiner Bücher jetzt erschienen
ist, die Lyrik zum Teil zweisprachig.
Ich empfinde meine beiden Kinder als das Zentrum meines Lebens,
auch wenn sie inzwischen erwachsen sind (Tochter, geboren
1978, Heilpädagogin, Sohn, geboren 1979, Mediziner),
und meine beiden Enkeltöchter Luisa, geboren 2007 und
Mathilda, geboren 2009. Immer ist ein Hund an meiner
Seite.
Mein ganzes Leben habe ich geschrieben, aber heute
weiß ich, dass 1994 durch das dichterische Aufarbeiten
eines Traumas eine Blockade meines Schaffens gelöst
wurde. Mein Beruf kommt also mir selbst zugute in meinem
dichterischen Schaffen, und mein dichterisches
Schaffen hilft mir in meinen Beruf.
Meine mir wichtigsten Bücher:
Emotionen. Gedichte, Tegra Verlag, Sursee 2000. – Dunkelblüten
– Lichtsamen. Gedichte, Verlag CH. Möllemann,
Borchen 2003. – Warte, bis die Seerose blüht, Roman,
Verlag CH. Möllemann, Borchen, 2006. – Halt inne. Blick in
eine andere Richtung. Gedichte, Sofia 2007. – Lausch auf
den Atem verborgenen Lebens. Gedichte für Nelly Sachs
und Paul Celan, Borchen 2007 (hierfür erhielt ich 2008 den
Horst Joachim Rheindorf-Preis des Bundes Deutscher
Schriftstellerärzte). – Geschichten (m)einer Kindheit. Erzählungen,
Sursee 2007. – Lichträume, Räume der Liebe
und des Lebens, bulgarisch-deutsch, Sofia 2008. Urformen,
bulgarisch-deutsch, Gedichte, Sofia 2009. – Gesicht
im Fenster, Gedichte, Wien 2011.
Die Bücher sind zu beziehen über: Dr. Helga Thomas, Hammerstr. 10, 79540 Lörrach, und beim Verlag.<7h5>