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Gedichtsammlung Dezember 2018 (Helga Thomas)

Ich muss diesen Gedichten ein paar Worte vorausschicken:

Wegen körperlicher Gründe ist mir das Schreiben schwergefallen (egal, ob von Hand oder am Computer). Ich musste aber meine Gedichte aufschreiben, sonst kann ich die Entwürfe bald selbst nicht mehr lesen… Ich entschloss mich, sie in den Mac zu diktieren und später in mein Gedichtbuch einzufügen.

Dann hätte ich sie auch gleich zum Verschenken…. Ich mache keine Auswahl wie sonst und deshalb sind ein paar einführende Worte

nötig. Manche Gedichte sind in einem Prozess entstanden, der noch nicht abgeschlossen ist, teils ist es ein innerer Erkenntnisprozess, teils gehören die Gedichte in verschiedene Projekte… Deshalb sind sie vielleicht nicht zu verstehen. Wundert Euch also nicht, wenn einige sehr… geheimnisvoll? Kryptisch?  Okkult?….

erscheinen. Merkwürdigerweise gefielen sie einigen Freunden ganz besonders. Die Sprache, der Rhythmus, die Bilder wirken auch so… Mir fiel dazu ein Zitat von Paul Celan ein (ich will mich nicht mit ihm vergleichen!). Auf die Bemerkung, dass einige seiner Gedichte schwer verständlich sein, meinte er: Lesen, immer wieder lesen

 

 

Unsere Pflicht ist es
Beryll zu werden
wie der Stein
der den Augen
neues Sehen ermöglicht
wie seine Farbe
die Farbe der
im Feuerwasser
im Wasserfeuer
verborgenen Rosen

Werde Beryll
hilf ihm
das Alphabet zu retten
und sei es auch
nur
ein einziger Laut!
Sage
sprich ihn
singe und tanze ihn forme ihn
mit Händen in der Luft
gestalte ihn
in Farbe und Form

Dann …
du bist noch
kein Beryll
bist aber sein
Gehilfe geworden

12./13.12.2018

 

 

Die schwarzen Vögel schlafen noch
Die schwarzen Vögel der Nacht
Die schwarzen Boten des Unheils
wie die Menschen behaupten
Menschen
die ihre Brüder und Schwestern
unter den Tieren nicht mehr kennen
In Wahrheit bewachen sie im Winter
die langsam erwachende Sonne
deshalb siehst du sie
in der Wintermorgendämmerung
nur vereinzelt
die schwarzen Vögel
wissende Freunde von Hund und Mensch

  1. 12. 2018

 

Heimat
ist kein Ort
Glaube
ist keine Weltanschauung
Glaube
ist die Mutter der Liebe
Liebe erschafft
Heimat

  1. 12. 2018

 

 

Dass ich mich opfern kann
ohne mich zu verlieren
dass ich unter den Sternen weile
ohne die Erde zu verlassen
dass ich fest auf Erden stehe
und gleichzeitig hinabtauche
in die Urgründe
der Menschheit
der Erde
ohne zu ertrinken …
Das verdanke ich
dem Schmerz
der mich weckt
warnt
hilft
der mich das Kreuz
spüren lässt
das Kreuz
das ich trage
Nur weiß ich
(noch) nicht:
wessen Kreuz ist es?

13.12.2018

 

Wie einst der
Zungenbaum
in der Tiefe des Meeres
sang
so sangen später
auf den Klippen des Meeres
die Sirenen
Die stummen Fische die
die Laute

des versunkenen Alphabets
verschluckten
wandelten sich
in singende Vögel
die Rettung des verlorenen Alphabets
begann…

…und irgendwann in Zukunft
kann die neue Welt
auf den Trümmern der alten
entstehen

14.12.2018, 17:50 Uhr

 

Ich habe Rosen
für dich gepflückt
wollte dich erfreuen
dich erinnern
an uralt Vergessenes der Menschheit
Doch du…
hast die Blüten vertrocknen lassen
und aus den Dornen
für mich einen Kranz gewunden
Warum?
Du weißt doch:
nur Freude und Liebe
können Leid lindern

Du weißt doch:
es ist ein Ros entsprungen
und auf deinem dunklen Pfad
erstrahlt ein Lichtstrahl
Spürst du nicht
dein Engel begleitet dich
das Tor zum Paradies
ist für dich
nicht mehr bewacht!

Das uralte Gewässer aus
Erdenbeginn
funkelt im ersten Sonnenlicht
wie am Morgen
die Perle aus Tau
wie die Tränen deines Kindes
Das Netz
geflochten aus dem dunklen Gespinst
des Grauens unserer Zeit
soll uns nicht mehr verbinden
soll auch dich nicht fesseln

Geh
deinen Weg in die andere Welt
Freude und Liebe
werden deine Begleiter sein

  1. 12. 2018, 7:30 Uhr

 

Antwort auf vegane Missionare

Einst
in einem längst vergangenen Leben
wurden sie als Kind
geschlachtet
aufgegessen
der Hunger
die Angst vor dem Sterben
der anderen
waren zu groß

Heute…
um sicher zu sein
dass sie niemals und nie
gleiches tun
verzichten sie auf jegliches Fleisch
Wisst ihr nicht
es gibt viele Arten
zum Mörder am Leben
zu werden

18.12.2018, 7:45 Uhr

 

Trugschluss

Wenn du
deine Augen
mit deinen Händen
bedeckst
siehst du nicht mehr
die Welt
doch die Welt
sieht dich immer noch
Doch jetzt
bist du ihr hilflos ausgeliefert

18.12.2013

 

Unterschied

Ich verstecke mich
weil ich nicht Zeuge werden will
(und selbst nicht gesehen werden will)
Ich verstecke mich
hinter einer anderen Erscheinungsform
weil ich so alles besser sehen kann
weil ich Zeuge
werden will

18.12.2018

 

 

Nach dem Hören der Nachrichten
und der Presseschau im Radio
am Morgen der Wintersonnenwende 2018 fragte ich mich:
Müssen vielleicht heute
in dieser Zeit
hier und an vielen Orten der Welt
so grauenhafte Dinge geschehen
so viele
damit wir erkennen:
die Barmherzigkeit
die Mitmenschlichkeit
lebt immer noch
unter den Menschen
erwacht an dem Geschehen
(oder wird sie erst
in ihm geboren?)
Ein neugeborenes Kind
nicht aus der
eigenen Familie
kann anscheinend
nicht mehr unsere Liebe
Freude
Staunen
erwecken

aber das Kind
das unter Trümmern
aus den Armen seiner toten Mutter
lebend geborgen wurde!

21.12.2018, 8:20 Uhr

 

 

Ich vergesse so vieles
weiß nicht mehr
warum ich den einen Raum
verließ
den anderen betrat

Vermeintlicher Trost sagt:
Du hast zu viel
an das du denken musst
du bist müde
auch du spürst
das Alter

Ist es wirklich so?
ich ahne
das Eigentliche dahinter:

Innehalten
Lauschen
spricht aus dem eigenen Innern
die wieder erwachte Erinnerung
oder wird eine Frage gestellt
der neue Impulse folgen?

Vielleicht treten beide
in herzlicher Umarmung
vereint
in mein Bewusstsein

Jetzt
in deinem Alter
erinnert die Vielzahl deiner
Pläne Pflichten Wünsche
Vereine
die längst vergangene Vergangenheit
und die schon gekommene Zukunft
in dir…

dann …
ist dein Vergessen
kurz
wie ein erholsamer Schlaf
und die Erinnerungen kommen
wie das Morgenlicht

21.12.1978

 

 

Vierter Advent
Auch wenn ich
wie alle Menschen jetzt
von allen guten Geistern
verlassen bin
so weiß ich
mein Schutzengel
ist bei mir

Ich kann den Blick
in den Spiegel wagen
ich kann den
ersten Schritt wagen
auf meinem erst noch
entstehenden Weg

Mein Engel fängt mich auf
wie eine Mutter
und er sagt tröstend
zu mir:

„Das Bild im Spiegel
bist nicht du
du hast falsch
hineingeblickt
schau in mein Auge…“
Nun suche ich
nicht nur am Himmel
die Augen meines Engels:

Manchmal
finde ich sie in mir
und es war keine Erinnerung
wenn ich mich beschützt fühlte

Es ist JETZT!!

Und ich weiß:
das Kind in mir kann ins MORGEN
wachsen

23.12.2018

 

Ich spreche mit dir
innerlich
ohne Worte
ich spreche mit dir
in Gefühlen
Gedanken
Bildern
Manchmal
bist du in
meinem Innenraum
Dann sehe ich
am Blick deiner Augen
an deinem Lächeln
dass du mich verstanden

Für Anna

25.12.2018

 

I

Ich spüre
wie Kräfte
vielleicht auch Wesen
missbraucht werden…

Sie kommen zu mir
sind geschickt von einer
unerlösten Toten
– sie weiß nicht
was sie tut –

Die Wesen stören mich
hindern mich
drängen mich
zum Abgrund

Vielleicht ist es
– für mich–
zu früh
die Seele zu erlösen?

Sie weiß nicht
was sie tut
sie sucht meine Nähe
und ist so verwirrt
dass sie nicht bemerkt
wie oft ich bei ihr bin
Ich muss mich schützen…

Eben war ich im Traum
an der Tür des Stalles
und bat darum
mir meinen Umhang
zurückzugeben

Ich erwachte und verstand nicht:
welchen Umhang?
Brigids schützender Mantel
fällt mir ein
War ich vielleicht in ihrem Dienst
einst und gab auch meinen Mantel?

Vielleicht
war die schützende
Hülle gemeint
die uns am Anfang
umhüllt
wie später Engelflügel?

Warum musste ich
auch erwachen
bevor ich eine Antwort erhielt?

 

 

II

 

Vielleicht
muss ich jetzt
in dieser Zeit
der Heilige Nächte
in denen auch
Dämonen ihr Unwesen treiben
aus Gedanken
eigenen
Inspirationen
geschenkten
Tönen
gehörten
Bildern
gesehenen
mir einen
eigenen Umhang weben

 

III

 

Ich werde dann
am Faden der Erinnerung
immer tiefer in
die Höhle dringen
Erwartet mich dort
ein Ungeheuer
oder ein Schatz?
Vielleicht wie im Märchen
Beides

 

26.12.2018

 

Beginn der 13 Nächte

„Im Urbeginn war die Erinnerung“
Welcher Urbeginn?
Der eigene
der Familie
der Menschheit?
Gibt es nicht viele
Urbeginne?
Die Geburt des Jesus
die Geburt des Christus
die Erschaffung der Erde wieder
zur Zeit der Atlantis
vor und nach der Flut

Die Erschaffung der Erde
als Idee
im Kosmos

(26. 12. 2018)

 

Vielleicht
sollte ich
Vogel und Fisch fragen
die Begleiter der
Weltschöpfung?

4.1.2019

 

Überwinde die Hast
die Hektik
das Eilen
die nach der Festeszeit
wieder
deinen Alltag
beherrschen
Schaffe Räume und Zeiten
für Ruhe und Stille
dass Güte und Weisheit
geboren werden
Väterlich
mütterlich
schützen sie
deine Seele
die zärtlich liebend
sich mit der
Schönheit der Welt
verbindet

Vierte Nacht der heiligen Nächte 2018/2019

 

 

Wenn du zurückblickst
heute
am letzten Tag des Jahres
und vorausblickst
voll Hoffnung
oder Angst
dann verzweifle nicht
über das Treiben in der Welt
erschöpfe dich auch nicht
im Kampf
in dem du eh unterliegst

Zeige auf andere Art
dein Aufbegehren
wandle dich
werde Sand
werde Sand
im Getriebe der Welt

Helga Thomas

31.12.2018

Aus verschiedenen Gründen wollte ich (eigentlich seit vorgestern) auf das Jahr 2007 zurückblicken. Dabei fand ich ein altes Gedicht, es war im Verlauf eines I GING-Seminars entstanden. Es passte eigentlich auch in die Zeit jetzt, ich hätte es jetzt schreiben können… Habe ich es eigentlich in mein Gedichtbuch von 2006 eingetragen? Ja, das habe ich, aber ich merkte, ich möchte es jetzt auch in meinen Gedichten von 2019 eintragen, ich möchte eine Karte mit ihm machen.

Weil ich dich anerkenne
habe ich Geduld mit dir
weil ich Geduld mit dir habe
anerkennst du mich
meinen Rat
meine Zuneigung
Und langsam
auf dem Wege der Geduld
wandelt sich Anerkennung
in Liebe

Helga Thomas

21.10.06/4.1.19

 

Wenn du fürchten musst
in den Fluten der Mutlosigkeit
zu ertrinken
und deinen Kräften
nicht vertrauen kannst
und keine Rettung
weit und breit in Sicht ist…
dann denke an den
der über das Meer ging

Er wird dir ein Halt sein
dass du nicht untergehst
selbst wenn du ertrinkst
Mit seiner Hilfe
wirst du dich
zum Wasserwesen wandeln
das seiner Schwester gleicht
und den Menschen hilft

 

Wer
ohne gehalten
getragen zu sein
in den Fluten versinkt
ist den Kräften des Bösen
ausgeliefert
Seine Angst wird sich wandeln
in vernichtende Gefühle der Rache

6.1.2019

9:50 Uhr

 

Zur Geburt des göttlichen Ich
erstrahlte der Weihnachtsstern am Himmel
ihm folgten die Könige
aus fernen Landen
Als Narziss
– er hatte sich nie
vom Jäger zum Hirten gewandelt–
erkannte
wer in seinem Spiegelbild verborgen war
erblühte zur Auferstehungszeit
der Stern seiner Blume
die auch den
heiligen Kelch
bewahrt

6.1.2019

 

 

 

 

 

 

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