Die innere Stimme
ich kann sie nicht hören
nicht so
wie als Kind ich sie hörte
Ist sie verstummt?
oder ist mein Ohr
das innere
ertaubt?
Sehen?
Kann ich auch nicht
im eigenen Innern
zu dunkel
ist es dort
Doch ich spüre
in mir
ganz leicht
die Gebärden
Spricht mein Engel
so zu mir?
Dann kann ich es lernen
wieder
die innere Stimme
zu verstehen
5.02.2014
Meine inneren Ohren
sind verschlossen
waren sie jemals geöffnet?
Habe ich innere Ohren?
So kann ich nicht hören
die Lieder der Engel
ihr Wort an mich
So kann ich nicht sprechen
mit ihnen
und den anderen Wesen
um sie herum
um mich
Verstummt
verstummt nicht schweigend
erfüllt mich Trauer
um den Verlust dessen
was ich nie besaß:
das innere Gehör
Im Dunkel der Nacht
im Dunkel geschlossener Augen
in der Stille
der äußeren
nun schlafenden Welt
spüre ich
einen Hauch
Ich ahne:
mein Engel hat sich bewegt
hat gerade
seine Flügel
schützend um mich gelegt
Ein stechender Schmerz
irgendwo
in mir. . .
Ob sich mein inneres Ohr
Nun öffnet?
16.8.2011
Es muss sich was ändern
aber . . .
Wann?
Wie?
Und vor allem:
was?
Das
von dem ich meine
es müsse sich ändern . . .
vielleicht ist das
die einzige Konstante
im Plan meines Lebens?
Doch es bleibt das Gefühl
warnend
beunruhigend
nervend
das Gefühl:
es muss sich was
ändern
Sonst . . .
bricht das Neue
mit Gewalt über mich herein
oder
kraftlos
rutsche
rutsche nicht stürze
nicht falle
ich in den Abgrund . . .
Man gab ihm den Namen
Depression
8.8.2011
Traum umgibt uns, die wir Träumer sind.
Grillparzer, Melusine/Calderon
Traum umgibt uns
die wir Träume sind
so nah ich dir im Traum
doch du erkennst mich nicht
ich nah dir im Abenddämmern
am alten Baum
wo die Wege sich kreuzen
und manchmal das Käuzchen ruft
Zuweilen begleitet mich
der schwarze Hund
meiner Schwester
du musst ihn nicht fürchten
auch die Krähe nicht
mit dem blauschwarz schimmernden Gefieder
Diese Vögel singen nicht
und der Hund ist stumm
wie ich
Doch hör:
in dir
sind alle meine Worte bewahrt
und alle Melodien
seit Urbeginn
als das Wasser zu fließen begann
und die Schönheit gebar
und Sonne Mond und Sterne
04.12.2010
Copyright Dr. Helga Thomas
Die Gedichte wurden vorgetragen beim BDSÄ-Jahreskongress 2014 zum Thema „Die innere Stimme“
<h5>Dr. phil. Helga Thomas. Geboren
am 31. Januar 1943 in Berlin.
Ausbildung und Arbeit als Analytikerin, Psychotherapeutin.
1976 Diplom am C. G. Jung-Institut. Für meinen Beruf war
die Erkenntnissuche wichtig. Mit 15 entdeckte ich nach der
Flucht aus Ostberlin das Briefe- und Tagebuch-Schreiben,
und mit 18 Jahren kam der Durchbruch zur Lyrik, meiner
eigentlichen Domäne. Vor meiner Ausbildung am Jung-Institut hatte ich Slavistik
und Germanistik studiert, und zu diesem Zweck hatte
ich noch zur Zeit des eisernen Vorhangs ein Jahr in Sofia
studiert, um Material für meine Doktorarbeit zu sammeln.
Seit 2003 bin ich mindestens zweimal im Jahr für längere
Zeit in Sofia, um dort Analysen und Supervisionen,
Seminare und Vorträge durchzuführen. Es ist „stimmig“,
dass in Bulgarien ein Teil meiner Bücher jetzt erschienen
ist, die Lyrik zum Teil zweisprachig.
Ich empfinde meine beiden Kinder als das Zentrum meines Lebens,
auch wenn sie inzwischen erwachsen sind (Tochter, geboren
1978, Heilpädagogin, Sohn, geboren 1979, Mediziner),
und meine beiden Enkeltöchter Luisa, geboren 2007 und
Mathilda, geboren 2009. Immer ist ein Hund an meiner
Seite.
Mein ganzes Leben habe ich geschrieben, aber heute
weiß ich, dass 1994 durch das dichterische Aufarbeiten
eines Traumas eine Blockade meines Schaffens gelöst
wurde. Mein Beruf kommt also mir selbst zugute in meinem
dichterischen Schaffen, und mein dichterisches
Schaffen hilft mir in meinen Beruf.
Meine mir wichtigsten Bücher:
Emotionen. Gedichte, Tegra Verlag, Sursee 2000. – Dunkelblüten
– Lichtsamen. Gedichte, Verlag CH. Möllemann,
Borchen 2003. – Warte, bis die Seerose blüht, Roman,
Verlag CH. Möllemann, Borchen, 2006. – Halt inne. Blick in
eine andere Richtung. Gedichte, Sofia 2007. – Lausch auf
den Atem verborgenen Lebens. Gedichte für Nelly Sachs
und Paul Celan, Borchen 2007 (hierfür erhielt ich 2008 den
Horst Joachim Rheindorf-Preis des Bundes Deutscher
Schriftstellerärzte). – Geschichten (m)einer Kindheit. Erzählungen,
Sursee 2007. – Lichträume, Räume der Liebe
und des Lebens, bulgarisch-deutsch, Sofia 2008. Urformen,
bulgarisch-deutsch, Gedichte, Sofia 2009. – Gesicht
im Fenster, Gedichte, Wien 2011.
Die Bücher sind zu beziehen über: Dr. Helga Thomas, Hammerstr. 10, 79540 Lörrach, und beim Verlag.<7h5>