Mütter wollen den Frieden
(1950)
Von Jaleh Esfahani (1921-2007)
Übersetzung aus dem Persischen von Amir Mortasawi und Andreas Schmidt
(für meinen Sohn Bijan)
Du, verführerisches, schönes Kind,
du, Frucht meines Lebens,
dein Gesicht ist wie ein heller Spiegel
meiner Kindheit und meiner Jugend.
Ich betrachte in deinem Gesicht
mein geliebtes vergangenes Leben
und erblicke aus den Fenstern deiner Augen
eine glückliche Zukunft.
Deine Augen sind zwei große Sterne,
leuchtend wie der Stern deines Glücks.
Der Duft deines wohlriechenden Atems
beruhigt das Herz und erleichtert das Leben.
Wenn deine beiden kleinen Hände
sich wie eine Schlinge um meinen Hals werfen,
ist es so, als würde ich die Welt umarmen,
deine Liebe bringt meinen Körper zum Beben.
Die Mutter ist ein seltsames, selbstloses Wesen,
sie opfert sich für ihr Kind.
Die Mutter opfert das Herz und die Seele des Lebens
liebevoll für ihr Kind.
Du, geliebtes, schönes Kind,
du, die neue Blume meines Lebens,
auch wenn ich sterben muss,
werde ich dich nicht einen Moment
dem Feind überlassen.
Wenn sich eine Mücke auf dein Gesicht setzt,
springe ich von der Stelle und bin entrüstet,
wie soll ich es dann aushalten,
dass du inmitten Feuers und Blutes fällst.
Wenn man mein Auge ausreißt,
wenn man mein Herz zerreißt,
werde ich es nicht zulassen,
dass die Flamme des Krieges
deine Wiege verbrennt.
So wie ich,
verabscheuen und hassen alle Mütter der Welt
den Krieg.
Der Fluch der Mütter der Welt gilt jedem,
der das Feuer des Krieges entfacht.
֎֎֎
Dr. med. Amir Mortasawi
1962 in Bam/Iran geboren wuchs ich in Teheran auf und besuchte dort eine iranische Grundschule. Nach Bestehen einer Aufnahmeprüfung gehörte ich zu den ersten iranischen Schülern, denen ab dem 5. Schuljahr an der Deutschen Schule Teheran im Rahmen eines Sonderprogramms Deutsch beigebracht wurde. Anfang 1979 reiste ich aus dem Iran aus. Nach Studium der Humanmedizin in Göttingen und Frankfurt absolvierte ich die Facharztausbildung in der Herzchirurgie. Seit Januar 2016 bin ich im Bereich der Psychosomatik tätig.
2009 veröffentlichte ich meine ersten Gedichte unter dem Pseudonym „Afsane Bahar“, das ich später als Künstlernamen beibehielt.
Im Dezember 2020 erschien mein Buch „Bilder einer Reise. Lyrik“ beim Verlag Seemann Publishing.