Rache des Schicksals?
Sie las in ihrem neuen Buch (Tatiana De Rosnay, Sarahs Schlüssel, Berlin 2007). Sie las, um sich den Weg in den Tag leichter zu machen. Als sie das Buch schloss, hatte sie plötzlich eine Idee. Als sie genauer zu planen begann, war ihre Morgendepression und das Gefühl der Sinn- und Hoffnungslosigkeit verschwunden. Es war nicht einfach, den Plan, die Idee unauffällig umzusetzen. Schließlich montierte sie in der Tiefgarage den Schlauch an ihr Auto, führte ihn in das Innere (durch den Spalt in einem Fenster) des Autos, dann ließ sie den Motor an. Da fiel ihr ein, was sie vergessen hatte. Sie nahm ein Stück Papier (ein alter Parkschein) und schrieb darauf: „Ich muss denen folgen, die vor mir gegangen sind, und muss mich mit ihnen durch das Gas verbinden.“ Sie schloss die Augen und dachte an die, die am Gas erstickt waren. Sie sah Gesichter. Eins kam auf sie zu, schaute sie verzweifelt an und sagte: „Du darfst uns nicht folgen. Es ist nicht dein Weg! Wer soll sonst von uns erzählen? Folge unseren Spuren, die wir im Leben hinterließen, damit auch wir uns erinnern.“ Sie stellte mit letzter Kraft den Motor ab, öffnete die Autotür, ließ Luft einströmen, wählte auf ihrem Handy den Notruf. Man fand sie schnell und führte sie wieder auf den Weg ins Leben zurück. Den zerknüllten Zettel in ihrer Hand hatte niemand beachtet. Die Kriminalpolizei vermutete Mord, ausgeführt von einem noch lebenden Nazi aus ihrer Nachbarschaft, der viele anonyme Leserbriefe gegen ihre Artikel über die Vergangenheit verfasst hatte. Er beteuerte seine Unschuld, was ihm niemand glaubte.
Helga Thomas
14. Okt. 2020 um 10:12 Uhr
<h5>Dr. phil. Helga Thomas. Geboren
am 31. Januar 1943 in Berlin.
Ausbildung und Arbeit als Analytikerin, Psychotherapeutin.
1976 Diplom am C. G. Jung-Institut. Für meinen Beruf war
die Erkenntnissuche wichtig. Mit 15 entdeckte ich nach der
Flucht aus Ostberlin das Briefe- und Tagebuch-Schreiben,
und mit 18 Jahren kam der Durchbruch zur Lyrik, meiner
eigentlichen Domäne. Vor meiner Ausbildung am Jung-Institut hatte ich Slavistik
und Germanistik studiert, und zu diesem Zweck hatte
ich noch zur Zeit des eisernen Vorhangs ein Jahr in Sofia
studiert, um Material für meine Doktorarbeit zu sammeln.
Seit 2003 bin ich mindestens zweimal im Jahr für längere
Zeit in Sofia, um dort Analysen und Supervisionen,
Seminare und Vorträge durchzuführen. Es ist „stimmig“,
dass in Bulgarien ein Teil meiner Bücher jetzt erschienen
ist, die Lyrik zum Teil zweisprachig.
Ich empfinde meine beiden Kinder als das Zentrum meines Lebens,
auch wenn sie inzwischen erwachsen sind (Tochter, geboren
1978, Heilpädagogin, Sohn, geboren 1979, Mediziner),
und meine beiden Enkeltöchter Luisa, geboren 2007 und
Mathilda, geboren 2009. Immer ist ein Hund an meiner
Seite.
Mein ganzes Leben habe ich geschrieben, aber heute
weiß ich, dass 1994 durch das dichterische Aufarbeiten
eines Traumas eine Blockade meines Schaffens gelöst
wurde. Mein Beruf kommt also mir selbst zugute in meinem
dichterischen Schaffen, und mein dichterisches
Schaffen hilft mir in meinen Beruf.
Meine mir wichtigsten Bücher:
Emotionen. Gedichte, Tegra Verlag, Sursee 2000. – Dunkelblüten
– Lichtsamen. Gedichte, Verlag CH. Möllemann,
Borchen 2003. – Warte, bis die Seerose blüht, Roman,
Verlag CH. Möllemann, Borchen, 2006. – Halt inne. Blick in
eine andere Richtung. Gedichte, Sofia 2007. – Lausch auf
den Atem verborgenen Lebens. Gedichte für Nelly Sachs
und Paul Celan, Borchen 2007 (hierfür erhielt ich 2008 den
Horst Joachim Rheindorf-Preis des Bundes Deutscher
Schriftstellerärzte). – Geschichten (m)einer Kindheit. Erzählungen,
Sursee 2007. – Lichträume, Räume der Liebe
und des Lebens, bulgarisch-deutsch, Sofia 2008. Urformen,
bulgarisch-deutsch, Gedichte, Sofia 2009. – Gesicht
im Fenster, Gedichte, Wien 2011.
Die Bücher sind zu beziehen über: Dr. Helga Thomas, Hammerstr. 10, 79540 Lörrach, und beim Verlag.<7h5>