Beitrag zum BDSÄ-Kongress in Wismar 2018
Spiritueller Materialismus
oder Manipulationsversuch
Ich erzählte im Bekanntenkreis, dass in einigen Monaten eine Knieoperation auf mich zukomme. Eine Freundin meinte sofort, dann solle ich darauf achten, dass die OP an keinem Steinbocktag stattfindet. ??? Ich war zu perplex, um irgendwas entgegnen, fragen oder sagen zu können. Im Kopf tauchten gleichzeitig Fragen auf und manchmal synchron zu einer Frage die Antwort auf eine andere. Was ist ein Steinbocktag? Wahrscheinlich der Tag, an dem der Mond im Steinbock steht. Warum nicht? Das Knie gehört zum Steinbock, wäre es nicht optimal, gerade dann die OP zu machen? Und da war es, das Unbehagen! Ich möchte den Rat weder befolgen noch in Opposition dazu gehen, das ist auch nicht viel besser. Ich kann mein Unbehagen nicht klar begründen, schliesslich bin ich doch eigentlich mit spirituellem Denken vertraut.
Ich sprach dann auch mit ihr, konnte aber mein Unbehagen wieder nicht recht erklären. Ich möchte mein Schicksal demütig annehmen, mich freilassend bereit halten für die Hilfe der Engel. Sie meinte, man könne ja den Engeln helfen und ihnen nicht alle Arbeit überlassen. Allmählich dämmerte mir, was mein Unbehagen – vielleicht – verursachte. Es gibt zum Beispiel den Aussaatkalender, nichts aber auch gar nichts habe ich dagegen, den optimalen Aussaattag für bestimmte Samen auszuwählen. Schließlich ist klar, was erreicht werden soll: dass die Pflanze sich optimal entwickelt, und wir – Mensch, Elementarwesen, Engel, vielleicht alle gemeinsam – die dafür günstigsten Bedingungen schaffen.
Und bei der Knie-OP? Die objektiv günstigste Zeit … Wer sagt, dass die gelungene OP das Ziel ist? Vielleicht ist anderes für meine „optimale Weiterentwicklung“ viel wichtiger? Ist es nicht auch egoistisch, nur an mich zu denken? Was ist mit all den anderen Menschen, die auch mit meiner OP beschäftigt sind? Außerdem bin ich ein Einzelner, kein Sonnenblumenkern, die sind alle – mehr oder weniger – doch gleich!
Allenfalls könnte ich das I GING fragen nach der günstigsten Zeit. Aber die Frage nach dem Sinn der ganzen Kniegeschichte ist mir näher. Und das zu entdecken ist wohl unabhängig vom Datum der OP, oder? Wenn ich mich meditativ in die Situation versenke, spüre ich: Wunsch nach Gelassenheit – annehmen können – demütig empfangen möchten – achten auf die Zeichen, die Wegweiser sein können. Zusammengefasst: wachsen – sich entwickeln lassen. Das aktive Tun von außen durch die OP nicht noch durch eigene Aktivitäten verstärken. Wachsen lassen, nicht machen!
Auf keinen Fall möchte ich die geistige Welt manipulieren! Manipulation ist eine versteckte Form des Etwas-erzwingen-Wollen! Gerade frage ich mich, ob das (die Knie-OP nicht an einem Steinbocktag durchführen) nicht auch eine Form von Materialismus ist. Ich benutze geistige Mittel, geistige Erkenntnisse, um auf materieller Ebene etwas zu erreichen. Ist das nicht spiritueller Materialismus?
Vielleicht stimmt das ja alles nicht, aber ich empfinde es so. Ich bin ein freier Mensch, versuche zumindest es zu sein, auf jeden Fall übernehme ich die Verantwortung für mein Tun. Ich habe nichts gegen Hilfe und Unterstützung, weder von meiner irdischen Umgebung noch von der geistigen Welt, aber es soll sich keiner verpflichtet fühlen, mir zu helfen!
Copyright Dr. Helga Thomas
<h5>Dr. phil. Helga Thomas. Geboren
am 31. Januar 1943 in Berlin.
Ausbildung und Arbeit als Analytikerin, Psychotherapeutin.
1976 Diplom am C. G. Jung-Institut. Für meinen Beruf war
die Erkenntnissuche wichtig. Mit 15 entdeckte ich nach der
Flucht aus Ostberlin das Briefe- und Tagebuch-Schreiben,
und mit 18 Jahren kam der Durchbruch zur Lyrik, meiner
eigentlichen Domäne. Vor meiner Ausbildung am Jung-Institut hatte ich Slavistik
und Germanistik studiert, und zu diesem Zweck hatte
ich noch zur Zeit des eisernen Vorhangs ein Jahr in Sofia
studiert, um Material für meine Doktorarbeit zu sammeln.
Seit 2003 bin ich mindestens zweimal im Jahr für längere
Zeit in Sofia, um dort Analysen und Supervisionen,
Seminare und Vorträge durchzuführen. Es ist „stimmig“,
dass in Bulgarien ein Teil meiner Bücher jetzt erschienen
ist, die Lyrik zum Teil zweisprachig.
Ich empfinde meine beiden Kinder als das Zentrum meines Lebens,
auch wenn sie inzwischen erwachsen sind (Tochter, geboren
1978, Heilpädagogin, Sohn, geboren 1979, Mediziner),
und meine beiden Enkeltöchter Luisa, geboren 2007 und
Mathilda, geboren 2009. Immer ist ein Hund an meiner
Seite.
Mein ganzes Leben habe ich geschrieben, aber heute
weiß ich, dass 1994 durch das dichterische Aufarbeiten
eines Traumas eine Blockade meines Schaffens gelöst
wurde. Mein Beruf kommt also mir selbst zugute in meinem
dichterischen Schaffen, und mein dichterisches
Schaffen hilft mir in meinen Beruf.
Meine mir wichtigsten Bücher:
Emotionen. Gedichte, Tegra Verlag, Sursee 2000. – Dunkelblüten
– Lichtsamen. Gedichte, Verlag CH. Möllemann,
Borchen 2003. – Warte, bis die Seerose blüht, Roman,
Verlag CH. Möllemann, Borchen, 2006. – Halt inne. Blick in
eine andere Richtung. Gedichte, Sofia 2007. – Lausch auf
den Atem verborgenen Lebens. Gedichte für Nelly Sachs
und Paul Celan, Borchen 2007 (hierfür erhielt ich 2008 den
Horst Joachim Rheindorf-Preis des Bundes Deutscher
Schriftstellerärzte). – Geschichten (m)einer Kindheit. Erzählungen,
Sursee 2007. – Lichträume, Räume der Liebe
und des Lebens, bulgarisch-deutsch, Sofia 2008. Urformen,
bulgarisch-deutsch, Gedichte, Sofia 2009. – Gesicht
im Fenster, Gedichte, Wien 2011.
Die Bücher sind zu beziehen über: Dr. Helga Thomas, Hammerstr. 10, 79540 Lörrach, und beim Verlag.<7h5>