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Kategorie: Prosa

Das Gleichnis vom Apfelbaum (Ruth Berles-Riedel)

  Hier hinter dem großen Häuserblock auf einem Ödland blüht Jahr um Jahr ein Apfelbaum mittleren Alters. Zur gleichen Zeit, da er über und über mit rosa Knospen und feierlich weißen großen Blüten wohl zu Tausenden übersät ist, faulen unter seinen Ästen seine Früchte des Vorjahres, die nicht aufgehoben worden sind. Keiner sieht es ihm an, ob er etwa krank ist? Seine Blüten duften zurückhaltend, sehr süß und wirken in der Vielzahl ganz wunderbar auf mich, vergleichbar mit der ganz…

Ein Mann wie ein Baum (Dietrich Weller)

Siegmund Kraft wurde 1945 in Bremen geboren. Sein Vater fiel kurz vor Siegmunds Geburt in einem der letzten Gefechte in Russland. Die Mutter zog den Jungen liebevoll auf und verdiente als Lehrerin den Lebensunterhalt. Siegmund entdeckte früh seine Liebe zum Langlauf und lief ein Jahr vor dem Abitur den ersten Marathon. Auch dadurch lernte er, mit Disziplin schwierige Momente zu bewältigen und gegen innere Widerstände bis zum selbst gesetzten Ziel auszuhalten. Seine Mutter erzog ihn im ehrenden Gedanken an den…

Warum eigentlich nicht? (Dietrich Weller)

  Schon als Kind hat Peter unter den gnadenlosen Hänseleien seiner Mitschüler gelitten. Bei jeder Gelegenheit verspotteten sie ihn wegen seines Übergewichts. Er versuchte, seine Vorliebe für Marzipan zu verbergen. Aber einmal, als er kurzatmig hinter dem Fußball herlief, rief ein Klassenkamerad: „Du brauchst noch ein paar Marzipankugeln, dann wirst du schneller!“ – So hatte Peter seinen Spitznamen weg. Und als dann auch noch einer der Kameraden mit ihm in die Hotelfachschule ging und Peters empfindlichsten Punkt preisgab, wurde Peter…

Die Feier (Klaus Kayser)

  Ein Rabe, ein Hase, ein Fuchs und ein Schwein, die fühlten sich einsam und so allein. Der Fuchs lud sie alle zum Feiern ein: den Raben, den Hasen, sich selbst und das Schwein. Was wollt ihr speisen, fragt er galant und reicht dem Schwein seine Vorderhand. Was ihr auch wollt, alles kommt frisch aus unseren Landen gekocht auf den Tisch. Der Hase nähert sich froh aus dem Feld. Ich hätte gern Bier und Salat bestellt. Gern, sagt der Fuchs,…

Sankt Annen (Jürgen Rogge)

  Unsere Seniorengruppe „Hirnjogging“ lässt ihre Mitglieder auch immer mal von Ausflügen oder Urlauben berichten, die sie gemacht haben. Wir treffen uns an jedem Donnertag. Die Leitung hat Frau Ziegenbein übernommen, die, wie ich finde, auch noch so aussieht wie sie heißt. Heute berichtete Frau Ziegenbein selbst von einem Ausflug am 1. Advent zum Weihnachtsmarkt nach Annaberg-Buchholz. Das liegt gleich hinter Chemnitz im Erzgebirge, wo vor ein paar hundert Jahren Silber gefördert wurde. Frau Ziegenbein besuchte auch die Kirche Sankt…

Meine ersten Lehrer (Jürgen Rogge)

  1. Wohin man sich auch wendet, man trifft immer wieder auf Lehrer. Es gibt kein Entrinnen. Meine ersten Lehrer waren Frau Barth und Herr Möller in einem kleinen Dorf nahe einer kleinen Kreisstadt. Wir schrieben das Jahr 1947. Sie unterrichteten die erste und zweite Klasse in einem Raum, insgesamt wohl etwa 60 Schüler. Wenn sie der ersten Klasse etwas beibrachten, beschäftigten sie die zweite Klasse zum Beispiel mit Schreiben. Und umgekehrt. Die guten Schüler der ersten Klasse beherrschten dann…

Zwei Schwestern (Jürgen Rogge)

  Es waren einmal zwei Schwestern, die saßen unter einer Platane am See. Da kamen kräftige Jäger geritten und verliebten sich sogleich in die beiden Schönen. Den Schwestern gefielen die Waidmänner zwar, aber ihr Hochmut ließ eine solche Regung nicht zu. „Schau mal“, rief die eine der anderen zu, „die haben wohl eben erst Reitunterricht genommen. Gleich werden sie vom Pferd fallen.“ Und die andere lachte und antwortete: „Mit Pfeil und Bogen können sie gewiss auch nicht umgehen. Sie haben…

Das Lazarett (Klaus Kayser)

Ein nahezu rhythmisches Stöhnen schwang in dem sauber geweißten, mit dicht an dicht gestellten Betten gefüllten Saal: drei lange Reihen quer gestellter Pritschen, von denen jeweils zwei direkt aneinander stießen und dann einen kleinen Gang freiließen. In jedem Bett lagen junge Männer, teilweise nahezu regungslos und am Verdämmern. Einige wenige versuchten sich mit Lesen oder einer leisen Unterhaltung mit dem Nachbarn Abwechslung zu verschaffen. Die Bettdecken lagen lose und achtlos hingeworfen über den Verletzten. Viele trugen neu angelegte, blutdurchtränkte Binden…

Ein Mann wie ein Baum (Dietrich Weller)

  Siegmund Kraft wurde 1945 in Bremen geboren. Sein Vater fiel kurz vor Siegmunds Geburt in Russland. Die Mutter, eine Lehrerin, zog den Jungen liebevoll auf. Siegmund entdeckte früh seine Liebe zum Langlauf und lief ein Jahr vor dem Abitur den ersten Marathon. Auch dadurch lernte er, mit Disziplin schwierige Momente zu bewältigen und gegen innere Widerstände bis zum selbst gesetzten Ziel auszuhalten. Seine Mutter erzog ihn im ehrenden Gedanken an den Vater, der ihr immer wie starker Baum erschienen…

Warum eigentlich nicht? (Dietrich Weller)

  Schon als Kind litt Peter unter den gnadenlosen Hänseleien seiner Mitschüler. Bei jeder Gelegenheit verspotteten sie ihn wegen seines Übergewichts. Er versuchte, seine Vorliebe für Marzipan zu verbergen. Aber einmal, als er kurzatmig hinter dem Fußball herlief, rief ein Klassenkamerad: „Du brauchst noch ein paar Marzipankugeln, dann wirst du schneller!“ – So hatte Peter seinen Spitznamen weg. Und als dann auch noch einer der Kameraden mit ihm in die Hotelfachschule ging und Peters empfindlichsten Punkt preisgab, wurde Peter dort…

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