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Autor: Heiner Wenk Prof. Dr. med.

Jahrgang 1957, geboren in Braunschweig. Nach der Schulzeit habe ich in Kiel Medizin studiert und mich in Norddeutschland, insbesondere in Schleswig-Holstein, richtig verliebt. Norddeutschland bin ich treu geblieben – meine Facharztausbildungen habe ich in Lübeck absolviert, dann bin ich als Chef einer Chirurgischen Klinik nach Bremen gegangen. Seit über 15 Jahren lebe ich mit meiner Familie im kleinsten Bundesland. Wissenschaftlich habe ich über Lymphome gearbeitet und damit 1983 promoviert. Habilitiert habe ich mich 1991 in Lübeck über die Zertrümmerung von Gallensteinen. Seit 1996 Professor für Chirurgie. Ich arbeite hauptsächlich auf dem Gebiet der Gefäßmedizin und leite seit 2003 ein Gefäßzentrum an dem Klinikum Bremen-Nord
Neben wissenschaftlichen Publikationen schreibe ich kulturkritische Essays, Satire, Prosa, Geschichten über Norddeutschland, insbeson-dere über unsere nördlichste friesische Insel. Mehrmals habe ich mit Bremer Ärzten in der hiesigen Stadtbibliothek vorgetragen, schließlich ist die Medizin eines der Lieblingsmotive in der Literatur.
Warum ich schreibe? Am Grab von Kurt Tucholsky in Schweden steht eine Inschrift aus dem „Sudelbuch“, gestiftet vom Deutschen Bot-schafter in Schweden anlässlich des 75. Todestages des Publizisten und Satirikers: „Eine Treppe: Sprechen, Schreiben, Schweigen“.
Auch ich glaube an eine Hierarchie der Strukturiertheit des Denkens. Die unstrukturierteste Art des Denkens ist das Träumen. Hierbei geht alles durcheinander: Erlebtes, Erwünschtes, Geschehenes, Befürchtetes. Das Denken im Wachzustand ist demgegenüber realitätsbezogen, dennoch sprunghaft, situativ, reaktiv und den Eindrücken der Sinnesorgane folgend. Eine Hierarchiestufe höher steht das Sprechen. Sprechen erfordert eine Ordnung der Gedanken und eine Unterscheidung in Wichtiges und Unwichtiges. Gesprochenes kann aber nicht rückgängig gemacht werden. Gesagt ist gesagt.
Schreiben dagegen ermöglicht die Ordnung von Gedanken in weit hö-herem Maße: Sätze können umgestellt, verschachtelt, getrennt oder verbunden werden. Schwierige Gedanken können durch Bilder illus-triert werden, wichtige durch Fußnoten untermauert. Schreiben ist eine Investition.

Bei Regen auf einem Fluss rudern (Heiner Wenk)

Vor einiger Zeit las ich ein besonders schönes Buch, in dem russische Erzählungen von Gogol, Tolstoi, Tschechow und Turgenjew vorgestellt und besprochen werden. Man lernt in diesem Buch, wie gute Geschichten funktionieren, wie man sie schreibt, und was sie uns über unsere Welt erzählen.Man lernt, dass gute Literatur moralische Einstellungen beeinflussen und das Leben verändern kann, so ein Rezensent. Stimmt. Die Szene, „bei Regen in einem Teich schwimmen“ entstammt der Erzählung „Stachelbeeren“ von Anton Tschechow aus dem Jahre 1898, sie…

„Nicht nur der Krebs von Thomas Mann“ – vom Umgang des Schriftstellers mit Krankheit (Heiner Wenk)

Die meisten Patienten sprechen nicht gerne über ihre Krankheit. Krankheit ist Verlust der körperlichen Unversehrtheit, Schwäche, Hilfsbedürftigkeit. Die Bremer Krebsgesellschaft kann hier helfen: Der Umgang mit Krankheit ist erlernbar, hinnehmbar, vielen hilft es, „Leidensgenossen“ kennenzulernen, das Wissen, mit seiner Krankheit nicht allein zu sein. Manche Menschen schreiben über ihre Krankheit. Die Schreibwerkstatt der Bremer Krebsgesellschaft legt Zeugnis davon ab. Oder auch ein Buchprojekt der besonderen Art, das 2019 unter dem Titel „Schau mich an“ abgeschlossen und vorgestellt wurde. Beeindruckend ist…

Die Ohrfeige (Heiner Wenk)

Heute, am 29. Juni 2021 spielt im Achtelfinale Deutschland gegen England im Wembley-Stadion in London. Ich bin gespannt, wie das wird: Seit 1966 hat Deutschland gegen England nicht mehr verloren. Deutschland ist allerdings in der aktuellen Europameisterschaft nur mit sehr viel Glück ins Achtelfinale vorgerückt. Die Chancen für England stehen also gut. Nach dem verlorenen Spiel von Wembley 1966 habe ich Sabine Nolting, die damals etwa acht Jahre alt war, eine Ohrfeige gegeben. Ich möchte mich heute, 55 Jahre später,…

Tote Tante – Oma lebt (Heiner Wenk)

Tote Tante oder Lumumba ist heißer Kakao mit Rum. Der Name Tote Tante geht auf eine Legende der Insel Föhr zurück, nach der die Urne mit der Asche einer in Amerika verstorbenen Föhrerin in einer Kakaokiste auf die Insel zurückkehrte. Patrice Lumumba war ein Politiker des Kongo. Lumumba war Gegenstand der Diskussion über die Umbenennung rassistischer Bezeichnungen, wie auch Negerkuß und Zigeunerschnitzel, nachzulesen bei Wikipedia. Helida heißt das Hoch, das uns aus Skandinavien Sonne und Kälte bringt. Identisches Wetter hatten…

Der Orinoco, Alexander von Humboldt, Wikipedia und Fritz (Heiner Wenk)

Prolog 1: Die „Fritz“ ist ein Renndoppelzweier unseres Ruderclubs RV OSCH (Osterholz-Scharmbeck), ein in die Jahre gekommenes Boot des Herstellers Filippi, einer Ruderwerkstatt aus Wetzlar. Zugelassen bis 90 kg. Es fährt nicht mehr so richtig geradeaus, es ist ein bisschen „weich“, aber ich liebe es. Prolog 2: Alexander von Humboldt reiste im Jahr 1800 ins Orinoco-Tal. Zusammen mit seinem Begleiter, dem französischen Botaniker Aimé Bonpland sammelte er wichtige geographische, zoologische und botanische Daten, die viele Mythen um die unerforschte Region…

Bandsalat (Heiner Wenk)

Wie mein Enkelkind meine Erinnerungen ordnet und durcheinanderbringt. Mein ganzes Leben lang wollte ich wissen, wie wir wissen können und denken, und wie wir gelerntes in unserem Gehirn abspeichern. In der Schule habe ich etwas in Biologie dazu gehört, und dann gab es noch bei meinem Deutschlehrer den Kurs „Pädagogische Psychologie“. Dort lernte man, was Intelligenz ist. Dass Intelligenz ein Konstrukt ist. 1978 erschien dann ein Buch von Frederik Vester mit dem Titel „Denken, Lernen, Vergessen“. Das war schon interessant,…

Tschüß, süßes Mädchen! (Heiner Wenk)

Tschüß, süßes Mädchen! Gestern waren wir in Bremerhaven und haben uns von der „Seuten Deern“ verabschiedet. Sie sieht erbärmlich aus. Sie war im Hafenbecken gesunken, dann hat man sie ausgepumpt und mit Luftsäcken und Leinen wieder hochgehoben. Zwei  Millionen Liter Wasser müssen pro Stunde aus dem Schiffsrumpf gepumpt werden, damit sie nicht wieder absäuft. Das Absaufen der Seuten Deern ist ein Menetekel. Es zeigt, was passiert, wenn man sich nicht kümmert, wenn man den Dingen ihren Lauf, wenn man alles…

Kommt jetzt Kevin? (Heiner Wenk)

  Kevin Kühnert, 1989 geboren und Juso-Vorsitzender, hat ordentlich eingeheizt. Er will BMW verstaatlichen und reiche Leute enteignen. Das hat in der SPD für Wirbel gesorgt. Und bei den Konservativen für Entrüstung. Und doch: Das ist etwas anderes als „Jetzt gibt’s was in die Fresse“ von Andrea Nahles zur Begrüßung des Regierungspartners einer großen Koalition. Ein Juso darf so etwas denken, so etwas sagen. Das Beste ist: Es ist von ihm. Unsere Wahlkämpfer haben keine authentische eigene Botschaft mehr. Deshalb…

✎ 2021 Bundesverband Deutscher Schriftstellerärzte (BDSÄ)
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